Gericht: OLG Stuttgart
Entscheidungsdatum: 08.02.2017
Aktenzeichen: 4 U 190/15
Orientierungssatz
1. Eine Widerrufsbelehrung, die den Hinweis enthält, dass die Frist für den Widerruf „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung beginne“ ist hinsichtlich des Beginns der Frist unzureichend (siehe nur BGH, 1. März 2012, III ZR 83/11, BGH, 1. Dezember 2010, VIII ZR 82/10, BGH, 9. Dezember 2009, VIII ZR 219/08).
2. Fehlt die vollständige inhaltliche und äußere Übereinstimmung, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpft, kommt es darauf, welchen konkreten Umfang die vorgenommenen Änderungen haben, nicht an (siehe nur OLG Brandenburg, 17. Oktober 2012 , 4 U 194/11, OLG Brandenburg, 19. März 2014, 4 U 64/12, OLG Brandenburg, 1. Juni 2016, 4 U 125/15).
3. Bei der Ausübung einer eingeräumten Widerrufsmöglichkeit spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob den Widerrufenden schlichte Vertragsreue oder andere subjektive Motive antreiben.
4. Der Umstand, dass mit der neuen Verbraucherrichtlinie zwischenzeitlich die Regelung des „ewigen Widerrufsrechts“ aufgegeben wurde und durch Neufassung der §§ 355 ff. BGB mit Wirkung zum 13. Juni 2014 eine Gesetzesänderung eingetreten ist, kann den Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung des Widerrufsrechts für sog. Altfälle unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nicht stützen.
5. Die Rechtsfolgen nach Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung in Altfällen, in denen § 357a BGB noch keine Anwendung findet, lassen sich wie folgt zusammenfassen (Anschluss BGH, 22. September 2015, XI ZR 116/15):
Der Darlehensnehmer schuldet dem Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Der Darlehensgeber schuldet dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (vgl. BGH, 10. März 2009, XI ZR 33/08).
(Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Februar 2017 – 4 U 190/15 –, juris)
Tenor
1. Das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 14. Oktober 2015 wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung in Ziff. 2 dahingehend abgeändert, dass die Kläger auf die Hilfswiderklage als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Beklagte einen Betrag von weiteren 3.727,91 € nebst Zinsen in Höhe von 3,7% p.a. seit dem 20.1.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen die Übertragung der auf dem Grundstück …straße 7, D…, im Grundbuch von U…, Blatt 3342, eingetragenen Buchgrundschuld in Höhe von 70.000,00 €. Im Übrigen wird die Hilfswiderklage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen zu 9 % den Klägern und zu 91 % der Beklagten zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Kläger verlangten festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 30.05./4.06.2005 aufgrund des Widerrufs vom 14.08.2014 in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt sei und begehrten ferner die Zahlung von 43.915,54 € Zug um Zug gegen Zahlung von 93.104,23 € abzüglich weiterer gezahlter Darlehensraten von jeweils 332,50 €. Die Beklagte erklärte die Hilfsaufrechnung mit Schriftsatz vom 17.2.2015 (S 49, Blatt 170) und machte mit ihrer Hilfswiderklage einen Zahlungsanspruch i.H.v. 52.055,19 € nebst Zinsen i.H.v. 3,70 % p.a. seit dem 1.2.2015 geltend.
Die Kläger zahlten die vereinbarten Raten bis einschließlich Dezember 2015 fort. Am 19.1.2016 lösten sie das Darlehen durch eine Restzahlung in Höhe von 44.092,87 € ab.
Die Kläger vertraten die Auffassung, sie hätten den Darlehensvertrag widerrufen können, weil die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht abgelaufen sei. Die von ihnen bis zum Widerruf (unstreitig) geleisteten Zins- und Tilgungsraten von insgesamt 35.420,93 € seien - ebenso wie die jedenfalls bis einschließlich (zunächst) Januar 2015 weiterhin unter Vorbehalt erfolgten Ratenzahlungen – zurück zu gewähren und zwar zuzüglich einer Verzinsung von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Nutzungswertersatz. Die Beklagte könne auf die ihr zurück zu gewährende Darlehensvaluta Zinsen i.H.d. vereinbarten Zinssatzes von lediglich 3,7 % p.a. verlangen.
Die Beklagte nahm mit der Behauptung, die verwendete Belehrung habe dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entsprochen, allenfalls redaktionelle und marginale Abweichungen hiervon enthalten, die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV für sich in Anspruch.
Ein etwaig fortdauerndes Widerrufsrecht sei verwirkt, seine Ausübung jedenfalls rechtsmissbräuchlich.
Für den Fall des wirksamen Widerrufs stehe ihr ein Anspruch auf Erstattung des Darlehenskapitals zuzüglich Wertersatz in Höhe der vereinbarten Darlehenszinsen auch über den Zeitpunkt der Widerrufserklärung hinaus zu. Die Kläger könnten die geleisteten Zahlungen zurückverlangen, Nutzungswertersatz stehe ihnen indes nur in Höhe des für grundpfandrechtlich gesicherte Kredite üblichen Verzugszinses von 2,5 % über Basiszinssatz zu. Überdies seien Kapitalertragssteuer und Solidarzuschlag in Abzug zu bringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil mit der Maßgabe Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO), dass die Widerrufsbelehrung wie folgt lautet:
„Widerrufsbelehrung
Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:
D… AG (...)
Widerrufsfolgen:
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungspflichten für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen.
Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufsbelehrung erfüllen.
Besonderer Hinweis:
Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und Sie dem ausdrücklich zugestimmt haben.
Finanzierte Geschäfte:
Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.
Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist dies hingegen nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgehen und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.
D… Aktiengesellschaft“
Das Landgericht gab der Klage in Bezug auf die Feststellung, dass der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt sei, statt und verurteilte die Kläger auf die Hilfswiderklage hin zur Zahlung von 44.866,19 € nebst Zinsen i.H.v. 3,7 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2015. Im Übrigen wies es die Klage und die weitergehende Widerklage als unbegründet ab.
Zur Begründung hat es - soweit für das Berufungsverfahren bedeutsam - ausgeführt:
Das Feststellungsbegehren zu 1. sei zulässig und begründet. Der Widerruf sei rechtzeitig erfolgt, weil die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen habe. Die Belehrung sei bereits deshalb fehlerhaft, weil der Verbraucher mit der Formulierung, „die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ im Unklaren gelassen werde, von welchen etwaigen weiteren Umständen der Beginn des Fristablaufs abhänge.
Der Beklagten komme auch nicht die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV zugute, denn sie habe kein Formular verwendet, das der Musterbelehrung inhaltlich und in der äußeren Gestaltung vollständig entsprochen habe. So fehle die Teilüberschrift „Widerrufsrecht“ und bereits im 1. Absatz 2. Satz heiße es anstelle von „die Frist beginnt frühestens“ in der Belehrung, „Der Lauf der Frist beginnt frühestens“. Wenngleich auch die übrigen Überarbeitungen nicht unmittelbar in den Sinngehalt der Musterbelehrung eingriffen, komme dies der Beklagten nicht zugute, weil die Abweichungen nicht für den Darlehensnehmer günstig seien. Im Hinblick auf die Abweichungen im Abschnitt "finanzierte Geschäfte" sei unerheblich, ob die Beklagte über die Rechtsfolgen gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB habe belehren müssen.
Das Widerrufsrecht sei nicht verwirkt. Insoweit könne dahinstehen, ob der Beklagten die Berufung auf Verwirkung schon deshalb verwehrt sei, weil sie mangels Erfüllung der Belehrungspflicht nicht schutzwürdiger sei als der Darlehensnehmer oder weil sie die ihr mögliche Nachbelehrung unterlassen habe. Jedenfalls habe die Beklagte zu von ihr im Vertrauen auf den Bestand des Darlehensvertrages vorgenommenen Dispositionen nicht vorgetragen und ein Vertrauenstatbestand habe mangels Umständen, aufgrund derer die Beklagte habe annehmen können, dass den Klägern der Fortbestand ihres Widerrufsrechts bekannt gewesen sei, nicht entstehen können. Die Ausübung des Widerrufsrechts sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die Beklagte hätte der Ausübung des Widerrufs durch ordnungsgemäße (Nach-)Belehrung entgegenwirken können. Die (Weiter-)Zahlung der Darlehensraten nach Widerruf betreffend, sei es den Klägern im Hinblick auf das Prozessrisiko nicht zuzumuten gewesen, ggf. eine Kündigung nebst Schufa-Eintrag zu riskieren.
Nach den §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. könne der Darlehensnehmer die Zins- und Tilgungsleistungen, Rückabtretung geleisteter Sicherheiten sowie Nutzungsersatz verlangen, wobei vermutet werde, dass eine Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz gezogen hätte.
Die des Weiteren begehrte Zahlung an die Kläger sei abzuweisen gewesen, da ein Rückzahlungsanspruch der Kläger infolge der Hilfsaufrechnung der Beklagten erloschen sei. Die Widerklage sei im tenorierten Umfang begründet. Der Gebrauchsvorteil der beklagten Bank sei mit dem üblichem Verzugszins und damit 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz anzusetzen. Der Gebrauchsvorteil des Darlehensnehmers sei bis zum Widerruf des Darlehens am 14.08.2014 mit dem Vertragszins zu bemessen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie sich mit dem bisherigen Vorbringen in erster Linie weiterhin gegen die Wirksamkeit des Widerrufs wendet und Klageabweisung begehrt, hilfsweise widerklagend Zahlung von insgesamt 7.444,01 € nebst Zinsen in Höhe von 3,7 Prozent p.a. seit dem 20.01.2016 verlangt.
Das Landgericht habe den Nutzungswertersatz fehlerhaft berechnet. Der Nutzungswertersatz der Kläger betrage entsprechend der in § 503 Abs. 2 BGB bzw. § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. getroffenen Regelung 2,5 Prozentpunkte über Basiszinssatz. Für die Zeit nach Widerruf könne sie weiterhin Nutzungswertersatz in Höhe des Vertragszinses verlangen; ein Annahmeverzug habe nicht vorgelegen. Das Landgericht habe fehlerhaft weder Kapitalertragssteuer noch Solidaritätszuschlag von dem Nutzungsersatz der Kläger abgezogen.
Die Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 14.10.2015 die Klage abzuweisen,
hilfsweise
die Kläger als Gesamtschuldner zur Zahlung weiterer 7.444,01 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 3,7 % p.a. seit dem 20.1.2016 zu verurteilen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung und Wiederholung ihres Vortrages. Sie sind der Ansicht, die Beklagte habe mit Schreiben vom 18.8.2014 die Rückzahlung der Restvaluta abgelehnt, weshalb ein wörtliches Angebot zur Begründung des Annahmeverzuges ausgereicht habe. Seit dem 19.8.2014 habe die Beklagte deshalb keinen Anspruch auf den Vertragszins mehr.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesonders form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
A) Die Bedenken der Beklagten in Bezug auf die Zulässigkeit der Klageanträge teilt der Senat nicht.
1. Zutreffend hat das Landgericht das Feststellungsbegehren der Kläger als zulässig angesehen.
Die Kläger begehren nicht die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs – mit diesem Inhalt wäre der Feststellungsantrag unzulässig, weil mit ihm nicht die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, sondern die Klärung einer einzelnen Vorfrage begehrt würde, die nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden kann (siehe nur BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 – XI ZR 569/07 – und vom 15. Dezember 2009 – XI ZR 110/09) –, sondern die Feststellung, dass der Darlehensvertrag infolge des Widerrufs nicht mehr bestehe (weil er sich in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt habe).
Das Landgericht hat auch ein Feststellungsinteresse der Kläger i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO zu Recht bejaht. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist bereits dann gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Das ist hier der Fall. Denn die Beklagte hat die Wirksamkeit des erklärten Widerrufs in Abrede gestellt und sich auch im Prozess, gestützt auf mehrere Gesichtspunkte, auf die Unwirksamkeit des Widerrufs berufen. Das Feststellungsinteresse der Kläger ist auch nicht nachträglich durch die später erhobene Hilfswiderklage der Beklagten auf Zahlung des sich nach Aufrechnung der aus dem Rückabwicklungsverhältnis resultierenden Ansprüche ergebenden Saldos entfallen, denn die hierbei zu treffende Entscheidung über die Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückabwicklungsverhältnis würde nicht in Rechtskraft erwachsen.
Das Feststellungsinteresse scheitert schließlich nicht am Vorrang der Leistungsklage, weil sich die Parteien aufgrund der – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – bis zum 19.1.2016 fortlaufenden Ratenzahlungen der Kläger noch in einem laufenden Geschäftsverhältnis mit monatlich sich änderndem Zahlungsstand befunden haben.
B) Das Feststellungsbegehren ist aus den nachfolgenden Gründen begründet.
Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das BGB und die BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden, da der Vertrag zwischen den Parteien vor dem genannten Datum geschlossen ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis im Sinne des Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.
1. Das Widerrufsrecht gemäß den §§ 495, 355 BGB ist nicht gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB in der ab dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung erloschen. Die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB hat entgegen der Auffassung der Beklagten mangels ordnungsgemäßer Belehrung gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen.
Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. An einer solchen hinreichenden Belehrung fehlt es hier. Deshalb ist nach § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB das Widerrufsrecht der Beklagten auch nicht sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen.
a) Die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung entspricht in zweierlei Hinsicht nicht den gesetzlichen Vorgaben und ist daher nicht ordnungsgemäß.
aa) Wie der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2017 ausgeführt hat, ist die in der Vertragsurkunde enthaltene Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Beginns der Frist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe nur Urteile des BGH vom 1. März 2012 – III ZR 83/11 –, vom 1. Dezember 2010 – VIII ZR 82/10 – und vom 9. Dezember 2009 – VIII ZR 219/08 –), der der Senat folgt (Beschlüsse vom 6. Oktober und 17. November 2016 - 4 U 124/15 - und Urteile vom 1. Juni 2016 - 4 U 125/15 -, 20. Januar 2016 - 4 U 79/15 -, 17. Oktober 2012 – 4 U 194/11 – und vom 21. August 2013 – 4 U 202/11 –), unzureichend. Sie enthielt den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung beginne“. Mit einer solchen Belehrung wird der Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes „frühestens“ zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche (etwaigen) Umstände es sich dabei handelt.
bb) Die erteilte Widerrufsbelehrung war überdies deshalb fehlerhaft, weil sie unter der Zwischenüberschrift "Besonderer Hinweis" den Passus enthielt, "Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf Ihren ausdrücklichen Wunsch vollständig erfüllt ist, bevor Sie Ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben", der Erlöschenstatbestand des § 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB (in der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung) im vorliegenden Fall eines im Fernabsatz geschlossenen Verbraucherkreditvertrages aber keine Anwendung findet.
Das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht - mit der in § 312d Abs. 3 BGB getroffenen Sonderregelung über dessen Erlöschen bei (Finanz)Dienstleistungen - besteht nach § 312d Abs. 5 BGB nicht in Fällen, in denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 499 bis 507 ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 355 oder § 356 BGB zusteht (siehe auch OLG Stuttgart, Urteil vom 29. September 2015 – 6 U 21/15 – Rdnr. 28; OLG Frankfurt, Urteil vom 2. September 2015 – 23 U 24/15 – Rdnr. 35, OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2015 – 22 U 17/15 – Rdnr. 60). Der Gesetzgeber hat für solche im Fernabsatz geschlossenen Kreditverträge lediglich bestimmt, dass sich der Beginn der Widerrufsfrist nach § 312d Abs. 2 BGB richtet (§ 312d Abs. 5 Satz 2 BGB). Im Übrigen hat der Gesetzgeber in § 312d Abs. 5 Satz 1 BGB ausdrücklich und unmissverständlich den Ausschluss des fernabsatzrechtlichen Widerrufsrechts und die alleinige Geltung der verbraucherkreditrechtlichen Widerrufsregelungen (§§ 355, 356 BGB) angeordnet. Mit diesen in Abs. 5 getroffenen Regelungen hat der Gesetzgeber gezielt dem aufgrund der Kombination von Fernabsatzgeschäft - gefahrenträchtige Art und Weise des Vertragsschlusses - mit einem Verbraucherkredit - für den Verbraucher riskanter Vertragsinhalt – in zweierlei Hinsicht besonderen Schutz- und Informationsbedürfnis des Verbrauchers Rechnung getragen. Für eine analoge Anwendung des § 312d Abs. 3 BGB, wie sie in der 5. Auflage (2007) vom Münchener Kommentar - Wendehorst zu § 312d BGB (Rdnr. 17) vertreten wurde, war daher schon mangels einer planwidrigen Regelungslücke kein Raum.
Eine andere Sichtweise ist auch nicht - wie teilweise vertreten wird - aus europarechtlichen Erwägungen angezeigt. Es war den Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 a) und b) der RL/2002/65/EG (FinFARL) vom 9. Oktober 2002 freigestellt, ob sie ein Widerrufsrecht für im Fernabsatz geschlossene Verträge, die überwiegend für den Erwerb oder die Erhaltung von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem bestehenden oder geplanten Gebäude bestimmt oder durch eine Hypothek gesichert sind, ausschließen.
b) Die Beklagte geht auch fehl in der Annahme, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl I 2004 S. 3102) entsprochen habe, und sie sich deshalb auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne.
Dies ist ihr - wie das Landgericht zutreffend ausführt - schon deshalb verwehrt, weil sie gegenüber dem Kläger für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht entspricht.
aa) Der Bundesgerichtshof hat wiederholt (zuletzt mit Urteilen vom 12. Dezember 2013 – III ZR 124/13 – Rdnr. 20, vom 1. März 2012 – III ZR 83/11 – und vom 19. Juli 2012 – III ZR 252/11 –) ausgeführt, dass sich ein Unternehmer auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen kann, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Das ist vorliegend nicht der Fall.
Die dem Kläger erteilte formularmäßige Belehrung entspricht, wie sich aus einem Vergleich der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung mit der jeweiligen Musterbelehrung ohne weiteres feststellen lässt, ihrem Inhalt nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 1. August 2002.
(1) Dabei kommt den Abweichungen vom Wortlaut der Musterbelehrungen in Satz 2 der verwendeten Belehrung insofern, als es „Der Lauf der Frist beginnt frühestens (...)“ anstelle von „Die Frist beginnt frühestens (...)“ heißt und an einer Stelle der Begriff „Widerrufsfrist“ durch „Frist“ ersetzt wurde, im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 – keine Bedeutung zu. Denn insoweit handelt es sich um unschädliche Abweichungen, die die Deutlichkeit der Belehrung nicht schmälern, und die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt lassen (BGH, a.a.O. Rdnr. 23).
(2) Die Gesetzlichkeitsfiktion ist indes verloren gegangen, weil die beklagte Bank in das Muster in einem Umfang eingegriffen hat, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht.
So fehlt in der Widerrufsbelehrung bereits die erste Zwischenüberschrift „Widerrufsrecht“. Die Beklagte hat unter der Zwischenüberschrift "Besonderer Hinweis" den Hinweis ("Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und Sie dem ausdrücklich zugestimmt haben") erteilt, obgleich diese Rubrik nach dem Gestaltungshinweis 8 entfällt, da - wie oben ausgeführt - ein Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1 BGB nicht bestand. Ferner hat die Beklagte entgegen dem Gestaltungshinweis 9 den Satz 2 ("Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen") nicht, wie vorgegeben, ersetzt durch "Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist dies hingegen nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgehen und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen", sondern beide Varianten hintereinander gesetzt. Schließlich fehlen die in dem Gestaltungshinweis vorgegebenen Sätze 4 bis 8 („Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes: Wenn Sie (...) Wenn Ihrem Vertragspartner das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist, können Sie sich wegen der Rückabwicklung nicht an diesen, sondern nur an uns halten“) gänzlich.
(3) Soweit etwa das OLG Bamberg in seinem, eine Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ankündigenden Beschluss vom 1. Juni 2015 (6 U 13/15 - Rdnr. 71) die Auffassung vertreten hat, die von der Musterbelehrung abweichenden Hinweise zu "finanzierte Geschäfte" seien unbeachtlich, wenn kein verbundenes Geschäft vorliege, weil diese Passage schlicht gegenstandslos und für eine ordnungsgemäße Information des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht ohne Belang sei, vermengt es die rechtlichen Gesichtspunkte der Ordnungsmäßigkeit des Widerrufs mit der hier allein entscheidenden Frage, ob sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-Info-V berufen kann. Die Frage der Ordnungsmäßigkeit des Widerrufs wegen einer etwaig erforderlichen Belehrung zu finanzierten Geschäften stellt sich hier aber nicht; die Widerrufsbelehrung ist bereits - wie ausgeführt - aus anderen Gründen fehlerhaft.
bb) Damit fehlt die vollständige inhaltliche und äußere Übereinstimmung, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpft; darauf, welchen konkreten Umfang die vorgenommenen Änderungen haben, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats (siehe nur Urteile vom 17. Dezember 2012 – 4 U 194/11 –, vom 19. März 2014 – 4 U 64/12 – und vom 1. Juni 2016 - 4 U 125/15) nicht an; insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Erwägungen in den vorgenannten Entscheidungen.
2. Der Ausübung des Widerrufsrechts mit anwaltlichem Schreiben vom 14.8.2014 (Anlage K 3, Bl. 33 ff. d.A.) steht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.
a) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Widerrufsrecht verwirkt sei.
Eine Verwirkung als Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung kommt in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er hierzu in der Lage war, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf das Vorliegen besonderer, ein solches Vertrauen des Verpflichteten begründender, Umstände voraus. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, zuletzt Urteile vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 - und vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 und XI ZR 501/15 -).
Für das Umstandsmoment der Verwirkung kommt es in erster Linie auf das Verhalten des Berechtigten an. Mit der Verwirkung soll die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Verpflichteten ausgeschlossen werden. Maßgebend ist insoweit, ob bei objektiver Beurteilung der Verpflichtete dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, ob er sich also darauf einrichten durfte, dass er mit einer Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen brauche; der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 – XII ZR 59/12 – Rdnr. 10) Allerdings stehen das Zeitmoment und das Umstandsmoment insofern in Wechselwirkung zueinander, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 – XII ZR 224/03 – Rdnr. 23; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 – 19 U 74/14 – Rdnr. 44). Die zeitlichen und sonstigen Umstände des Falles müssen in ihrer Gesamtheit die Beurteilung tragen, dass Treu und Glauben dem Gläubiger die Verfolgung des Anspruchs verwehren, mit dessen Geltendmachung der Schuldner nicht mehr rechnen musste (vgl. dazu nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2014 – 14 U 55/13 – Rdnr. 33).
Hier lagen zwischen Vertragsschluss (am 30.5./4. 6. 2005) und Widerruf (am 14.8.2014) mehr als neun Jahre. Auch in Anbetracht dieser erheblichen Zeitspanne, innerhalb derer die sich Kläger den Widerruf nicht erklärt haben, kann indes mangels hinreichender Umstände für ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass das Widerrufsrecht nicht (mehr) ausgeübt wird, eine Verwirkung nicht angenommen werden.
Dass über einen Zeitraum von mehr als neun Jahren das Darlehen vertragsgemäß bedient wurde, kann einen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten nicht begründen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 39; Senatsurteil vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15 - und OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2015 – 6 U 148/14 – Rdnr. 51), denn zur Begleichung der vereinbarten Raten war der Kläger vertraglich verpflichtet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen schon deshalb nicht in Anspruch nehmen kann, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie den Klägern keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilte (so BGH, Urteil vom 29. Juli 2015 – IV ZR 384/14 – Rdnr. 31 zur nicht ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a VVG); dagegen spricht allerdings, dass erst die - von der Beklagten verursachte - fehlerhafte Widerrufsbelehrung Raum für eine Verwirkung des Widerrufsrechts gewährt. Gegen die Schutzwürdigkeit eines etwaigen Vertrauens darauf, dass die Kläger von ihrem Widerrufsrecht noch Gebrauch machen, spricht jedenfalls, dass es die Beklagte selbst in der Hand gehabt hatte, das unbefristete Widerrufsrecht zu beenden, indem sie den Klägern eine ordnungsgemäße Nachbelehrung (§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB) erteilt; dies war der Beklagten nach der Entscheidung des Gesetzgebers nicht nur jederzeit möglich, sondern auch zumutbar (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 41).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein wesentlicher Unterschied in Bezug auf das Umstandsmoment bei Fällen mit gänzlich fehlender Widerrufsbelehrung einerseits und denjenigen mit einer vorhandenen, aber nicht ordnungsgemäßen Belehrung nicht zu erkennen. Der Verbraucher ist entweder ordnungsgemäß belehrt worden oder nicht (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 40). Sein Recht besteht in beiden Fällen unerkannt fort, gleichgültig, ob er von vornherein mangels jeglicher Belehrung von einem Widerrufsrecht gar nichts weiß und es deswegen nicht ausübt oder ob er nur irrtümlich meint, die Ausübung sei inzwischen verfristet. Erweckt die Widerrufsbelehrung - wie hier - den Anschein der Richtigkeit und Vollständigkeit, wird es allerdings dem Verbraucher aus der maßgeblichen Sicht der Bank schwerer fallen, das Fortbestehen des Widerrufsrechts zu erkennen.
Tatsachen, die aus Sicht der Bank die Annahme hätten begründen können, die Kläger hätten nicht aus bloßer Unkenntnis von dem Fortbestehen seines Widerrufsrechts nicht widerrufen, sind weder dargetan noch ersichtlich.
Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in ihrem schutzwürdigen Vertrauen auch tatsächlich so disponiert hätte, dass die Zulassung einer verspäteten Durchsetzung für sie eine unzumutbare Belastung mit sich brächte.
Dem Gesichtspunkt, dass die Kläger möglicherweise – keineswegs fernliegend – den Widerruf im Hinblick auf das zwischenzeitlich erheblich gesunkene Zinsniveau und die hierdurch eröffneten Möglichkeiten des Abschlusses eines (zins)günstigeren Darlehensvertrages erklärt haben, kommt für die Prüfung der Verwirkung entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung keine maßgebliche Bedeutung zu, da es bei der Ausübung einer eingeräumten Widerrufsmöglichkeit grundsätzlich keine Rolle spielt, ob den Widerrufenden schlichte Vertragsreue oder andere subjektive Motive antreiben. Von dieser Sichtweise in Fällen einer vom Unternehmer verursachten zeitlich unbeschränkten Widerrufsmöglichkeit eine Ausnahme zu machen, besteht kein sachlicher Grund.
Soweit das OLG München unter Berufung auf § 5a VVG und die am 12. Dezember 2011 in Kraft getretene Richtlinie 2011/83/EWG eine zeitliche Limitierung des Widerrufsrechts als „allgemeinen Rechtsgedanken“ in der Gesetzgebung gefunden haben will (Verfügung vom 26. Juli 2013 – 27 U 920/13, Anlage B 10, Bl. 316 f. d.A.), ist dem entgegenzuhalten, dass das Widerrufsrecht gemäß der hier einschlägigen Norm des § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht (spätestens 6 Monate nach Vertragsschluss) erlöschen sollte, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Dass mit der neuen Verbraucherrichtlinie zwischenzeitlich – möglicherweise auch gerade vor dem Hintergrund der als nicht wünschenswert erachteten Rückabwicklung von Anlagen wie der vorliegenden Jahre nach den maßgeblichen Verpflichtungserklärungen – die Regelung des „ewigen Widerrufsrechts“ aufgegeben wurde und durch Neufassung der §§ 355 ff. BGB mit Wirkung zum 13. Juni 2014 eine Gesetzesänderung eingetreten ist, kann den Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung des Widerrufsrechts für sog. Altfälle unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nicht stützen.
b) Den Klägern ist es nach § 242 BGB auch außerhalb der Grenzen der Verwirkung nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbräuchlichkeit verwehrt, das Widerrufsrecht noch am 14.8.2014 auszuüben.
aa) Wie bereits vom Senat mehrfach dargelegt (Senatsurteile vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15 - und vom 1. Juni 2016 - 4 U 125/15 - und vom 20. Juni 2016 - 4 U 182/14 -), lässt sich ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht auf das sogenannte Übermaßverbot stützen.
Mit dem Übermaßverbot wird der Rechtsausübung ausnahmsweise bei schwereren Vertragsverstößen entgegengetreten, wenn sie dem anderen Teil unverhältnismäßige Nachteile zufügt und auch weniger schwerwiegende Maßnahmen den Interessen des Berechtigten genügen (siehe nur BGH, Urteil vom 28. September 1984 – V ZR 43/83 – Rdnr. 23 f). Ein solcher Fall einer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot in Betracht zu ziehenden Beschränkung der Rechtsausübung liegt hier allerdings schon deshalb nicht vor, weil den Klägern weniger schwerwiegendere Maßnahmen, die sie anstelle der Ausübung des Widerrufsrechts hätte ergreifen können, nicht zur Verfügung standen.
Weitere Fälle einer Rechtsausübung "im Übermaß", in denen bestimmte schwerwiegende Rechtsfolgen nach Treu und Glauben als nicht eingetreten betrachtet worden sind, wurden angenommen bei lediglich geringfügigen Mietrückständen, bei Prämienrückständen oder sonstigen geringfügigen Zahlungsrückständen oder bei geringfügigen, die Stellung eines Versicherers nicht beeinflussenden Verletzungen der Obliegenheitspflicht durch den Versicherten (siehe nur BGH, Urteile vom 19. Dezember 1979 – VIII ZR 46/79 – Rdnr. 18 m.w.N., und vom 8. Juli 1981 – VIII ZR 247/80 – Rdnr. 14 m.w.N.). Stets gemeinsam war diesen Fällen, dass die Pflichtverletzung des anderen Vertragsteils lediglich geringfügig war. Ungeachtet der Frage der grundsätzlichen Vergleichbarkeit der genannten Fallgestaltungen mit Verletzungen der Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht kann vorliegend von einer lediglich geringfügigen Pflichtverletzung nicht die Rede sein, weil sich der Widerrufsbelehrung – wie oben dargelegt – zwar entnehmen lässt, dass der Beginn des Fristlaufs gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, der Verbraucher aber darüber im Unklaren gelassen wird, um welche (etwaigen) Umstände es sich dabei handelt. Dem lässt nicht entgegenhalten, dass die beklagte Bank in ihrer Widerrufsbelehrung die vom Gesetzgeber selbst als korrekt erachtete, in die Musterbelehrung aufgenommene, Formulierung für den Fristbeginn „die Frist beginnt frühestens (...)“ verwendet hat; denn dieser Gesichtspunkt wirkt sich möglicherweise auf den Grad des Verschuldens aus, berührt indes nicht das Vorliegen einer objektiv nicht lediglich geringfügigen Pflichtverletzung, die darin liegt, dass der Verbraucher nicht den Voraussetzungen des § 355 BGB entsprechend belehrt wurde.
bb) Auch auf den Gesichtspunkt des missbräuchlichen Ausnutzens einer formalen Rechtsstellung lässt sich der Treuwidrigkeitseinwand gemäß § 242 BGB nicht stützen.
Hierunter werden gemeinhin Sachverhalte gefasst, in denen sich der Verpflichtete wegen offensichtlichen Missbrauchs auf Beschränkungen der anderen Partei berufen kann, die lediglich gegenüber einem Dritten bestehen oder nur im Innenverhältnis wirksam sind (vgl. Palandt-Grüneberg § 242 Rdnr. 49). So entfällt etwa im Falle einer Garantie auf erstes Anfordern die Zahlungspflicht der Garantiebank, wenn klar erkennbar ist, dass es an einer materiellen Berechtigung des Gläubigers fehlt und dieser infolge dessen seine formale Rechtsstellung als Garantienehmer missbraucht (BGH, Urteil vom 20. September 2011 – XI ZR 17/11); gleiches gilt bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (siehe nur BGH, Urteile vom 05. März 2002 – XI ZR 113/01 – und vom 18. April 2002 – VII ZR 192/01 – Rdnr. 25).
Wenngleich das Widerrufsrecht vor vertraglichen Bindungen schützen soll, die der Verbraucher möglicherweise übereilt, ohne grundlegende Abwägung des Für und Wider, eingegangen ist, unterliegt seine Ausübung nach der gesetzlichen Ausgestaltung des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. auch dann keinen Beschränkungen jedweder Art, wenn das Widerrufsrecht wegen nicht ordnungsgemäßer Belehrung nicht 6 Monate nach Vertragsschluss erlischt, und damit noch zu einem Zeitpunkt ausgeübt werden kann, bis zu dem der Verbraucher nicht nur hinreichend Zeit, sondern in vielen Fällen aufgrund bereits zu erfüllender Zahlungsverpflichtungen hinreichend Anlass gehabt hat, Vor- und Nachteile des abgeschlossenen Vertrages zu prüfen.
cc) Der Senat erachtet die Ausübung des Widerrufsrechts im vorliegenden Fall auch nicht unter dem Aspekt des Fehlens eines schutzwürdigen Eigeninteresses für rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB.
Eine Rechtsausübung ist unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 226 BGB missbräuchlich, wenn sie beachtliche Interessen eines anderen verletzt, ihr aber kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt (st. Rspr. des BGH, siehe nur Urteil vom 15. März 2012 – IX ZR 35/11 – Rdnr. 10 m.w.N.).
Zwar hat der am 14.8.2014 erklärte Widerruf zur Folge, dass die beklagte Bank für die gesamte Dauer der Restlaufzeit des Vertrages nicht mehr den vereinbarten Vertragszins erhält. Auch lässt sich schwerlich bestreiten, dass sie wegen des zwischenzeitlich erheblich gesunkenen Zinsniveaus die seinerzeit von ihr einkalkulierten Zinserträge nicht mehr wird erwirtschaften können. Ferner bedarf es keiner vertieften Erörterung, dass die Kläger ihrerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit ihr Widerrufsrecht am 14.8.2014 nach jahrelanger Vertragsdurchführung und Inanspruchnahme des von der Beklagten gewährten Darlehens allein deshalb ausgeübt haben, weil das Zinsniveau erheblich gesunken ist und sie ihren (noch) bestehenden Kreditbedarf durch ein erheblich zinsgünstigeres Darlehen zu decken beabsichtigen, ohne zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gegenüber der Beklagten verpflichtet zu sein.
Dies genügt indes nicht, um die Ausübung des Widerrufsrechts als rechtsmissbräuchlich anzusehen und wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu versagen.
Das Widerrufsrecht für den Verbraucher besteht, auch in seiner Ausgestaltung eines "ewigen" Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F., unabhängig von der Motivation des Widerrufenden, sich von dem eingegangenen Vertrag lösen zu wollen. Grund für die in § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. getroffene Regelung war die Vorabentscheidung des EuGH vom 13. Dezember 2001 (C-481/99 ), mit der die nach deutschem Recht auch für Haustürgeschäfte geltende Befristung des Widerrufsrechts auf 1 Jahr nach Vertragsschluss gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG, für den Fall, dass der Verbraucher nicht gemäß Artikel 4 der Haustürrichtlinie (Richtlinie 85/577) belehrt wurde, als gegen Artikel 5 der Richtlinie verstoßend angesehen wurde. Der Gesetzgeber hat daraufhin mit der Regelung in § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB ein "ewiges" Widerrufsrecht nicht nur für die der Haustürgeschäfterichtlinie unterfallenden Geschäfte geschaffen und dieses auch nicht auf diejenigen Sachverhalte beschränkt, in denen der Verbraucher überhaupt nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Diese grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers, das Widerrufsrecht auch in Fällen, in denen der Verbraucher über die Befristung des Widerrufsrechts als solche belehrt worden ist und daher weniger schutzbedürftig erscheint als derjenige, dem wegen Fehlens jedweder Widerrufsbelehrung nicht bekannt war, dass er überhaupt ein Widerrufsrecht besaß, als "ewiges" Widerrufsrecht auszugestalten, würde unterlaufen, knüpfte man mit der Beklagten die Rechtsmissbräuchlichkeit daran an, dass der Verbraucher auf sein lediglich befristetes Widerrufsrecht hingewiesen wurde (siehe auch BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 47). Gerade weil das gesetzgeberische Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrecht für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst.
Der Umstand, dass die Ausübung des Widerrufsrechts auch und gerade zum jetzigen Zeitpunkt für den Widerrufenden vorteilhaft, für den Vertragspartner hingegen mit finanziellen Einbußen verbunden ist, begründet für sich genommen keine Rechtsmissbräuchlichkeit. Dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer nach Maßgabe des § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung, § 346 Abs. 1 BGB zur Herausgabe von Nutzungswertersatz verpflichtet sein kann, ist regelmäßige gesetzliche Konsequenz des Widerrufs. Dass der Widerruf diese Rechtsfolgen zeitigt, macht ihn nicht rechtsmissbräuchlich (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 448). Ohnehin kann bei der Würdigung der für die Annahme einer gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßenden Ausübung des Widerrufsrechts nicht unbeachtlich bleiben, dass die Beklagte nicht nur mit der fehlerhaften Widerrufsbelehrung den Grund für das Nichterlöschen des Widerrufsrechts gesetzt hat, sondern es auch in der Hand gehabt hätte, das Widerrufsrecht mittels Nachbelehrung zum Erlöschen zu bringen.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass mit zunehmenden Informationspflichten die ordnungsgemäße Belehrung schwieriger geworden ist; dass es tatsächlich seinerzeit unmöglich war, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen – etwa indem sie sich weitgehend an dem Gesetzeswortlaut orientierte – ist nicht zu erkennen. Auch der Umstand, dass sich die Kreditwirtschaft allgemein und die beklagte Bank im Besonderen aufgrund der gegenwärtigen Niedrigzinsphase der massenhaften Ausübung von Widerrufsrechten gegenüber sieht, ist kein Gesichtspunkt, der die Rechtsmissbräuchlichkeit der Ausübung des Widerrufsrechts stützen könnte. Dass Widerrufsrechte wie das der Kläger in einer Vielzahl von Fällen zeitlich unbefristet geltend gemacht werden konnten, beruht auf einer bewussten Entscheidung des deutschen Gesetzgebers. Sie kann nicht durch eine extensive Anwendung des § 242 BGB unterlaufen werden, um so empfundene vermeintliche Defizite bei einem sachgerechten Ausgleich der Interessen der Vertragsparteien aufzuwiegen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 49).
Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhaltens der Kläger, etwa dass es ihnen darauf angekommen wäre, die Beklagte zu schädigen oder zu schikanieren (siehe hierzu BGH, Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15 - Rdnrn. 16 f.), sind weder dargetan noch ersichtlich.
C. Die Hilfswiderklage der Beklagten ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Die Beklagte kann von den Klägern Zahlung von weiteren 3.727,91 € nebst Zinsen in Höhe von 3,7 % p.a. seit dem 20. 1. 2016 verlangen.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 – XI ZR 116/15 – Rdnr. 7), der der Senat folgt (siehe nur Urteile vom 20. Januar 2016 – 4 U 79/15 – und vom 1 Juni 2016 – 4 U 125/15), lassen sich die Rechtsfolgen nach Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung in Altfällen, in denen – wie hier - § 357a BGB noch keine Anwendung findet, wie folgt zusammenfassen:
Der Darlehensnehmer schuldet dem Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Der Darlehensgeber schuldet dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 – Rdnr. 29). Soweit der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer gegenüber den gemäß § 348 Satz 1 BGB jeweils Zug um Zug zu erfüllenden Leistungen die Aufrechnung erklären, hat dies nicht zur Folge, dass der Anspruch des Darlehensnehmers gegen den Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB auf Herausgabe von Nutzungsersatz als nicht entstanden zu behandeln wäre.
Unter Zugrundelegung der o.g. BGH-Entscheidung ergibt sich zunächst für den Zeitraum bis zum Widerruf am 14.8.2014 folgende Berechnung:
1. Ansprüche der Kläger:
a) Die Beklagte schuldet den Klägern gemäß § 346 Absatz 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe der bis zum Widerruf vom 14.8.2014 bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die sich auf unstreitig 35.420,93 € belaufen.
b) Die Beklagte schuldet ferner gemäß § 346 Absatz 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen i.H.v. 2,5 Prozentpunkten über Basiszinssatz, denn - wie vom Senat in den Entscheidungen vom 20.01.2016 - 4 U 79/15 - und 1.06.2016 - 4 U 125/15 -ausgeführt und nunmehr vom BGH (Urteil vom 12.07.2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 58) bestätigt - die widerlegliche Vermutung dafür, dass die Bank aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, knüpft "normativ spiegelbildlich" an die Regelungen an, die die von den Banken beanspruchbaren Verzugszinsen normieren. Das ist hier die Regelung des § 497 Absatz 1 Satz 2 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung.
Konkrete Anhaltspunkte für höhere Nutzungen der beklagten Bank sind weder dargetan noch ersichtlich.
Gemäß der bis auf eine Rundungsdifferenz übereinstimmenden Berechnungen der Parteien (Beklagte: Anlage zum Schriftsatz vom 24.10.2016, Bl. 439 ff, und den vorherigen Berechnungen; Kläger mit Schriftsatz vom 12.1.2017, Anlage K 16) beläuft sich der Nutzungsersatz bis zum 14.08.2014 auf insgesamt 4.567,54 €.
bb) Wie der Senat bereits im Verhandlungstermin ausgeführt hat, ist von diesem Betrag entgegen der Auffassung der beklagten Bank keine Kapitalertragssteuer in Abzug zu bringen.
Soweit der etwaige Zufluss von Nutzungswertersatz als Zinsertrag (kapitalertrags)steuerpflichtig wäre, wäre er von den Klägern als Darlehensnehmer in der Steuererklärung anzugeben, die - unter Berücksichtigung von etwaigen Freistellungsbeträgen - etwaig anfallende Steuer ist dann vom Finanzamt zu errechnen.
Im Übrigen kommt es auch und gerade nach den von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung vom 18.9.2016 (dort S. 38, Bl. 536f.d.A.) herangezogenen Entscheidung des BFH darauf an, ob dem Darlehensnehmer "bei wirtschaftlicher Betrachtung" infolge der Verzinsung eine Vermögensmehrung zufließt. Dies ist aber in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen sowohl der Rückforderungsbetrag als auch der Nutzungswertersatz des Verbrauchers unter Zug-um-Zug-Vorbehalt ebensolcher Ansprüche der Bank stehen, insbesondere dann nicht anzunehmen, wenn – wie es hier der Fall ist – die vom Darlehensnehmer geschuldete (Nutzungswertersatz) Leistung den eigenen, unter Zug-um-Zug-Vorbehalt stehenden, (Nutzungswertersatz) Anspruch des widerrufenden Darlehensnehmers übersteigt. Denn dann kann bei der steuerrechtlich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise von einer Vermögensmehrung auf Seiten des Darlehensnehmers infolge des Nutzungswertersatzes nicht die Rede sein. Zwischen den den Klägern als Nutzungswertersatz zugesprochenen Zinsen und den höheren der beklagten Bank als Gebrauchsvorteil zustehenden Zinsen besteht, da der Anspruch des einen nur Zug um Zug gegen Zahlung der Gegenleistung zu erfüllen ist, ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Folge, dass die Kläger bei objektiver Betrachtung einen (steuerpflichtigen) Überschuss aus den (Zins)Einnahmen über die Ausgaben nicht erzielen konnten (Senatsurteile vom 30. November 2016 - 4 U 86/16 - und vom 14. Dezember 2016 - 4 U 19/16 -). Dies hat das Kammergericht in seiner Entscheidung vom 26.09.2016 - 8 U 228/15 - nicht berücksichtigt.
2. Ansprüche der Beklagten
Die Kläger können von den Beklagten gemäß § 346 Absatz 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung von 70.000 € beanspruchen.
Die Kläger schulden der Beklagten ferner gemäß § 346 Absatz 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile an dem tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta und zwar in Form einer Verzinsung des ihm überlassenen Darlehenskapitals zu dem vertraglich vereinbarten Zinssatz, es sei denn der Darlehensnehmer weist einen niedrigeren Marktzins nach, § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB.
Die Beklagte hat die von den Parteien erstellten Berechnungen auf der Grundlage des vollen Darlehensbetrages (23.104,36 €, Blatt 498, K9, Blatt 359) mit Schriftsatz vom 10.1.2017 (Bl. 644 d.A.) korrigiert und eine neue Berechnung entsprechend den vorgenannten Grundsätzen vorgelegt. Nach der rechnerisch nicht zu beanstandenden Aufstellung kann sie einen Nutzungswertersatz bis zum Widerruf am 14.8.2014 in Höhe von 20.848,92 € verlangen.
3. Infolge der hilfsweise erklärten Aufrechnung seitens der beklagten Bank mit Schriftsatz vom 17.02.2015 (dort S. 49, Bl. 170 d.A) erlischt ihr Nutzungswertersatzanspruch (20.848,92 €) vollständig und der Rückzahlungsanspruch der Kläger (35.420,93 €) bis auf einen Betrag von 14.572,01 € (§ 389 BGB). Gegen diesen und den Nutzungswertersatzanspruch der Kläger (4.567,54 €) rechnet die Beklagte mit ihrem Rückforderungsanspruch (70.000 €) auf, wodurch erstere vollständig und ihr eigener Anspruch bis auf einen Betrag von 50.860,45 € erlischt (§ 389 BGB).
4. Die nach Widerruf unstreitig (siehe Schriftsatz der Beklagten vom 18.2.2016 (Blatt 497, III) - erbrachten Ratenzahlungen i.H.v. insgesamt 5.652,50 € (17 x 332,50 €) sind nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB einschließlich etwaiger Nutzungswertersatzansprüche gemäß § 818 Abs. 1 BGB mit den Ansprüchen der Beklagten zu saldieren. Das bedeutet, dass die jeweilige Rate des klagenden Darlehensnehmers im Zeitpunkt der Zahlung - ohne dass es einer Aufrechnung bedarf - in Höhe des Ratenbetrages die bis dahin aufgelaufenen Ansprüche der beklagten Bank zum Erlöschen bringt.
Entgegen der Auffassung der Kläger ist der nicht infolge Aufrechnung erloschene Rückforderungsanspruch der beklagten Bank weiterhin mit dem - marktüblichen - Vertragszins zu verzinsen. Die gesetzlichen Regelungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Nutzungswertersatzanspruch ende mit Widerruf oder mit Durchgreifen der von einer Partei erklärten Aufrechnung. Ein Annahmeverzug der beklagten Bank liegt nicht vor, denn die Kläger haben zu keinem Zeitpunkt die von ihnen geschuldete Leistung so angeboten, dass die beklagte Bank nur noch hätte zugreifen müssen; hierzu hätten sie - vor wirksamer Aufrechnung - die Rückzahlung der vollen Darlehensvaluta (70.000 €) zuzüglich Nutzungswertersatz anbieten müssen. Dies ist weder mit dem Widerrufsschreiben noch mit der Klageschrift erfolgt.
Nach der unter Zuhilfenahme des online-Verzugszinsrechners http://www.zinsen-berechnen.de/ verzugszinsrechner.php vorgenommenen Berechnung des Senats sowie der Beklagten betrug der Saldo nach Aufrechnung noch 50.860,45 € und reduzierte sich infolge der bis einschließlich Dezember 2015 geleisteten Ratenzahlungen auf 47.820,78 €. Nach Zahlung der Ablösesumme von 44.092,87 € am 19.1.2016 besteht eine Restforderung der Beklagten in Höhe von 3.727,91 €.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war von Amts wegen zu überprüfen und auf eine Kostenquote von 50 % zulasten der Kläger abzuändern. Die Kläger verlieren in Höhe der Klageforderung von 43.915,54 € + Widerklageforderung per 23.9.2015 (= mündliche Verhandlung LG) aus einem fiktiven Streitwert, der sich aus dem Feststellungsantrag, dem Klageantrag zu 2. auf Zahlung von 43.915,54 € sowie dem Widerklageantrag unter hälftiger Berücksichtigung des Zug-um-Zug-Einwandes zusammensetzt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Senat legt seiner Entscheidung insbesondere keinen Rechtssatz zugrunde und stellt auch bei seinen weiteren Überlegungen keinen Rechtssatz auf, der den Rechtssätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Annahmeverzug und zu steuerrechtlichen Fragen entgegensteht; einen solchen Widerspruch zeigen auch die Parteien nicht auf.
IV.
Der Senat hat den Streitwert für die erste Instanz auf 87.476,12 € festgesetzt. Hierbei hat er den Feststellungsantrag zu 1 mit den bis zum Zeitpunkt des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen i.H.v. unstreitig insgesamt 35.420,93 € bemessen. Der Zahlungsantrag der Kläger hat denselben Wert wie der Feststellungsantrag zu 1. und ist mit diesem wirtschaftlich identisch (siehe BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 33/15 - und vom 16. März 2016 - XI ZR 39/15 -). Auch bei diesem Zahlungsbegehren bleiben Ansprüche auf Nutzungsersatz gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB als Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO außer Betracht (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 33/15 - Rdnr. 3). Der Wert der Hilfswiderklage wird mit 52.055,01 € in Ansatz gebracht. Die Hilfsaufrechnung erhöht den Streitwert nicht (§ 45 Abs. 3 GKG); bestritten ist die Gegenforderung lediglich in Bezug auf den Nutzungswertersatz, der als Nebenforderung außer Betracht bleibt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 42.864,94 €. Er setzt sich zusammen aus 35.420,93 € und dem Wert der Hilfswiderklage, den der Senat mit 7.444,01 € bemisst.
(Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Februar 2017 – 4 U 190/15 –, Rn. Randnummer1 - Randnummer112, juris)