Rentenbesteuerung 2025: Vorläufigkeit entfällt
- Rechtsanwalt Ibrahim Cakir LL.M. LL.M.
- 3. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Das BMF hat den Vorläufigkeitsvermerk bei der Rentenbesteuerung gestrichen. Was das für Ihre Steuerbescheide bedeutet und wie Sie jetzt reagieren sollten.
Darum ist der Beitrag für sie relevant:
Aktuelle Rechtslage verstehen: Sie erfahren, warum der Vorläufigkeitsvermerk entfällt und was das für Ihre Steuerbescheide bedeutet.
Korrekt handeln: Sie erhalten einen Mustertext für einen Einspruch und praktische Tipps zur Einspruchsfrist.
Finanzielle Nachteile vermeiden: Wer rechtzeitig reagiert, kann sich die Möglichkeit auf spätere Rückerstattungen offenhalten.
Wer ist besonders betroffen?
Potenzielle Einzelfälle mit einer Doppelbesteuerung können insbesondere betreffen:
Selbständige und Freiberufler, die ihre Altersvorsorge größtenteils privat finanziert haben
Ledige ohne Hinterbliebenenversorgung
Männer (statistisch geringere Lebenserwartung)
Rentner mit geringer Absetzbarkeit vor 2005
Ausgewanderte Rentner ohne Anspruch auf vollen Steuerabzug ihrer Vorsorgebeiträge
💡Tipp: Sammeln Sie alle Belege zu Vorsorgeaufwendungen, Rentenzuflüssen, früheren Steuerbescheiden und Lohnnachweisen – dies kann bei der Einzelfallprüfung entscheidend sein!
Ende der vorläufigen Steuerbescheide bei Renteneinkünften– das sind die Folgen
Seit dem 10. März 2025 erhalten Rentnerinnen und Rentner Einkommensteuerbescheide ohne den bisherigen Vorläufigkeitsvermerk zur Rentenbesteuerung. Diese bedeutsame Änderung gilt für alle neuen Bescheide – unabhängig davon, ob es sich um erstmalige oder geänderte Steuerbescheide handelt.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) sieht offenbar keinen verfassungsrechtlichen Klärungsbedarf mehr in dieser Angelegenheit, obwohl weiterhin relevante Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig sind.
Was bedeutet das für Rentner?
Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für alle Rentenbezieher:
Steuerbescheide werden ohne den Vorläufigkeitsvermerk rechtskräftig
Nachträgliche Anpassungen werden erheblich erschwert, selbst wenn höchstrichterliche Urteile künftig anders entscheiden sollten
Betroffene müssen eigeninitiativ werden, um ihre Rechte zu wahren
Streit um die Doppelbesteuerung
Die anhaltende rechtliche Auseinandersetzung dreht sich um die sogenannte Doppelbesteuerung von Renten:
Während des Erwerbslebens: Beitragszahlungen in die Rentenversicherung aus bereits versteuertem Einkommen
Im Rentenalter: Erneute Besteuerung der Rentenzahlungen
Insbesondere Rentner mit hohem Eigenanteil aus versteuertem Einkommen an der Altersversorge fühlen sich benachteiligt.
Aktuelle Rechtslage
2021 entschied der BFH, dass das aktuelle System grundsätzlich verfassungsgemäß sei, aber Einzelfälle problematisch sein können (Urteile vom 19.05.2021, X R 33/19 und X R 20/21)
Obwohl das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zwei Verfassungsbeschwerden im Jahr 2023 nicht zur Entscheidung angenommen hat, sind beim Bundesfinanzhof weiterhin wichtige Verfahren anhängig (Az. X R 18/23 und X R 9/24). Diese könnten durchaus eine Neujustierung der Rentenbesteuerung bewirken.
Was bedeutet das konkret für Ihre Steuerbescheide?
Die Änderung hat folgende praktische Konsequenzen:
Steuerbescheide ab dem 10.03.2025 weisen keinen Vorläufigkeitsvermerk mehr zur Rentenbesteuerung auf.
Bereits bestehende Steuerbescheide: Diese behalten ihren Vorläufigkeitsstatus bei – entweder bis zu einer gerichtlichen Entscheidung oder bis Sie einen Antrag stellen.
Handlungsbedarf bei neuen Bescheiden: Legen Sie bei fehlender Vorläufigkeit unbedingt innerhalb eines Monats Einspruch ein, um Ihre Rechte zu wahren.
💡Wichtiger Hinweis: Vorsicht bei Änderungsbescheiden – diese können die bisherige Vorläufigkeit aufheben, selbst wenn die Änderung nichts mit Ihren Renteneinkünften zu tun hat (BFH, Urteil vom 16.06.2020, VIII R 12/17).
Einspruch einlegen - so geht's (Mustertext)
Gerne können Sie folgende Vorlage nutzen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich/legen wir gegen den oben genannten Einkommensteuerbescheid einschließlich der Festsetzung von Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag fristgerecht Einspruch ein und begründe(n) ihn wie folgt:
In meinem/unserem Steuerbescheid wurde die _________________ (Rentenart) in Höhe von jährlich _________________ Euro als steuerpflichtiges Einkommen erfasst und mit _________________ Euro besteuert. Diese Besteuerung ist verfassungsrechtlich bedenklich, da ein erheblicher Teil meiner/unserer Rente auf bereits versteuerten Beiträgen basiert. Während meiner/unserer Erwerbstätigkeit wurden die eingezahlten Rentenbeiträge steuerlich nur minimal berücksichtigt, wohingegen die Rentenzahlungen nun einer deutlich höheren Besteuerung unterliegen. Dies führt zu einer potenziell unzulässigen Doppelbesteuerung.
Obwohl das Bundesverfassungsgericht mit Beschlüssen vom 7.11.2023 (2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21) entsprechende Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen hat, liegen beim Bundesfinanzhof weiterhin relevante Verfahren zur Entscheidung vor (Az. X R 18/23 und X R 9/24).
Zudem ist die Verfassungsmäßigkeit von § 22 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa und bb EStG bezüglich des Grundsatzes der Normenklarheit höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt, da die gesetzlich festgelegten Ertragsanteile mathematisch nicht transparent nachvollziehbar sind.
Daher beantrage ich/beantragen wir gemäß § 363 Abs. 2 AO das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung in den genannten anhängigen BFH-Verfahren.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
Fazit: Nur wer Einspruch einlegt, kann profitieren
Die Streichung des Vorläufigkeitsvermerks führt nicht automatisch zu höheren Steuern, schränkt jedoch Ihre Möglichkeiten für spätere Anpassungen erheblich ein. Betroffene sollten daher umgehend Einspruch gegen aktuelle Steuerbescheide einlegen und die Aussetzung des Verfahrens beantragen (siehe Mustervorlage). Nur so bewahren Sie sich die Chance, von einer möglicherweise günstigen Entscheidung des BFH in den anhängigen Verfahren zu profitieren.
💡Sprechen Sie uns an: Unsere Steuerexperten beraten Sie gerne zu Ihrer individuellen Situation. Kontaktieren Sie uns für eine fundierte Analyse und kompetente Unterstützung bei allen Fragen rund um die Besteuerung Ihrer Renteneinkünfte.




Kommentare